"Öffnung der Pflegeausbildung nicht notwendig"

Pflegewissenschaftler: Heute schon 4.000 Hauptschulabsolventen in der Ausbildung

 

Nach einer Studie des Deutschen Instituts für angewandte Pflegeforschung e.V. (dip) gibt es heute bereits rund 4.000 Hauptschulabsolventen unter den Krankenpflegeschülern. Darauf wies Prof. Weidner, Leiter des dip, auf dem Bundeskongress der DRK-Schwesternschaften in Würzburg hin. Hintergrund ist das Vorhaben von Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt, noch vor der Wahl den Zugang zur Pflegeausbildung für Hauptschulabsolventen, die zehn Jahre lang die Schule besucht haben, zu öffnen. Die ursprüngliche Absicht, den Hauptschulabschluss nach neun Jahren als Zugangsvoraussetzung gesetzlich festzulegen, scheint hingegen aus EU-rechtlichen Bedenken vom Tisch zu sein.

 

In seinem Würzburger Vortrag "Mut zur Professionalisierung" legte Weidner die Zusammenhänge dar, wie sie zurzeit in Deutschland und Europa vorliegen. In der EU-Richtlinie 2005/36/EG ist festgelegt, dass eine Zugangsvoraussetzung zur Pflegeausbildung der erfolgreiche Abschluss einer zehnjährigen allgemeinen Schulbildung ist. In Deutschland wird die "mittlere Reife" nach zehn Jahren erreicht. Daher stellt diese bisher den einheitlichen Einstieg in die Pflegeausbildung dar. In einigen Bundesländern, wie Nordrhein-Westfalen oder Niedersachsen, besteht heute bereits für Hauptschüler die Möglichkeit, die zehnte Klasse zu besuchen. In diesen Bundesländern existiert die Wahlmöglichkeit, mit dem Besuch der zehnten Klasse auch die "mittlere Reife" an der Hauptschule zu erlangen.

 

Weidner hob hervor, dass mit der Kritik an dem Vorhaben nicht die Hauptschule als solche in Frage gestellt werden soll. Er betonte aber, dass die Bewerberzahlen für die Pflegeausbildung seit Jahren steigen, die Eignung der Bewerber/innen wegen der zunehmenden Anforderungen aber häufig nicht mehr ausreiche. "Wir haben kein Quantitäts-, sondern ein Qualitätsproblem und die besten Hauptschulabsolventen sind schon an Bord", so Weidner. Unter starkem Beifall von rund 800 Kongressteilnehmern appellierte er an die Bundesgesundheitsministerin: "Frau Ministerin, stoppen Sie diesen unnötigen Schnellschuss vor der Wahl. Er bringt den Hauptschulabsolventen nichts Neues und beantwortet die eigentlichen Bedarfe der Pflegeausbildung nicht!" Zudem würden die bislang erreichten und in den letzten Jahren auch verbesserten Standards in der Pflegeausbildung gefährdet, so Weidner weiter. Bereits 2006 veröffentlichte das dip die repräsentative Pflegeausbildungs-Studie (PABiS), die zeigte, dass der Anteil von Hauptschulabsolventen in jenen Bundesländern mit zehnter Klasse bei bis zu 10% liegt.

 

Das gemeinnützige Deutsche Institut für angewandte Pflegeforschung e.V. beschäftigt rund zwanzig Mitarbeiter/innen. Zu den Auftraggebern und Kooperationspartnern gehören Bundes- und Landesministerien, Stiftungen, Träger von Einrichtungen im Gesundheitswesen, Krankenkassen, Verbände, Kommunen, Hochschulen, wissenschaftliche Institute und weitere Einrichtungen. Es ist ein Institut an der Katholischen Hochschule NRW (KatHO) in Köln und betreibt einen weiteren Standort an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Vallendar (PTHV) bei Koblenz.

 

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Ruth Rottländer

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