Pflege sofort und systematisch stärken

Die neuen Vorschläge des Pflegebevollmächtigten Westerfellhaus gehen in die richtige Richtung

 

Der Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung, Andreas Westerfellhaus, hat mit einem Positionspapier „Mehr PflegeKRAFT“ einen Monat nach seinem Amtsantritt neue Vorschläge zum Sofortprogramm der Bundesregierung für die Pflege in die Debatte eingebracht. So regt er an, steuerfreie Prämien für Berufsrückkehrer, Ausbildungsabsolventen und Einrichtungsbetreiber in Höhe von 5.000,- bzw. 3.000,- Euro zu zahlen. Ferner schlägt er einen Anspruch auf vollen Lohn bei 80%iger Beschäftigung vor. Zusätzlich mahnt er eine Ausbildungsoffensive im beruflichen und akademischen Bereich an. Westerfellhaus will damit schnelle und wirksame Anreize schaffen und zugleich die Vertrauenskrise in der Pflege beenden. Er weist auch darauf hin, dass auch diese Vorschläge nur ein erster Schritt sein können. „Es wird höchste Zeit, dass das angekündigte Sofortprogramm der Bundesregierung für die Pflege nun auch kommt. Die Vorschläge von Westerfellhaus gehen in die richtige Richtung,“ bewertet Professor Frank Weidner, Direktor des Deutschen Instituts für angewandte Pflegeforschung (DIP) in Köln, die Initiative.

Seit 1999 konnten in den ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen zwar mehr als 400.000 Menschen zusätzlich beschäftigt werden, zugleich ist aufgrund der stark zunehmenden Teilzeitquote in diesem Zeitraum das Potenzial von mehr als 100.000 Vollzeitstellen verloren gegangen. Kurzum, es arbeiten immer mehr Menschen in der Pflege in immer mehr Teilzeitbeschäftigungen. Dabei gibt es sowohl Interessen auf Seiten der Arbeitgeber wie auch Notwendigkeiten auf Seiten der Beschäftigten, die zu mehr Teilzeit beitragen. „Wer wieder mehr und attraktive Beschäftigung in der Pflege will, muss dafür echte Anreize schaffen“, erläutert Weidner. „Die Idee von Westerfellhaus der Aufstockung des Gehalts bei Teilzeit sollte daher ernsthaft geprüft werden.“

Laut Pflege- und Krankenhausstatistik waren 2015 rund 500.000 Beschäftigte in der Pflege in Deutschland vollzeitbeschäftigt und rund 700.000 teilzeitbeschäftigt im Schnitt etwa zu 60%. Bei Umsetzung des Vorschlags „80% Arbeit – 100% Lohn“ käme es zwar zu einem Verlust von rund 100.000 Stellen, weil niemand mehr in Vollzeit arbeiten würde. Dem stünde aber ein Potenzial von bis zu 140.000 zusätzlichen Stellen durch Aufstockung der Teilzeit auf 80%-Beschäftigungen gegenüber. Der Vorschlag von Westerfellhaus könnte sich so sehr schnell zu einem Normalbeschäftigungsmodell in der Pflege entwickeln, in dem das Gros der Pflegekräfte zu 80% beschäftigt und zugleich vollvergütet wäre. „Selbst wenn es dabei zu keinem deutlichen Mehr an Beschäftigung kommen sollte, wären die zu erwartenden positiven Effekte der Entlastung und Belebung des Pflegearbeitsmarktes doch durchaus kräftig,“ erläutert Weidner.

Die von Westerfellhaus angeregten Prämien in Höhe von mehreren tausend Euro zur (Wieder)Einstellung von Pflegefachpersonal könnten zusätzliche und schnell wirksame Anreize zu mehr Beschäftigung schaffen. Auch hier müssten noch faire und zugleich unbürokratische Bedingungen formuliert werden, so dass Mitnahmeeffekte vermieden werden. Letztlich braucht es mehr und zukunftsfähige Pflegeausbildung und zwar sowohl beruflich wie auch akademisch. Das neue Pflegeausbildungsgesetz liefert dafür eine entscheidende Grundlage und sollte nach Vorstellungen des Pflegebevollmächtigten durch flankierende Maßnahmen noch gestärkt werden. „Wir sagen der Politik schon seit längerem, dass verloren gegangenes Vertrauen der Menschen, die in der Pflege beschäftigt sind, nur zurückgewonnen werden kann, wenn jetzt schnell, systematisch und wirksam gehandelt wird. Dem müssen dann mittel- und längerfristige Maßnahmen unter Einbindung weiterer Akteure und Investitionen folgen. Die Vorschläge des Pflegebevollmächtigten stellen definitiv einen Auftakt zu einem Masterplan für die Pflege in Deutschland dar!“ stellt Weidner heraus.

Das gemeinnützige und unabhängige Deutsche Institut für angewandte Pflegeforschung e.V. (DIP) hat seinen Sitz in Köln an der KatHO NRW und betreibt einen weiteren Standort an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Vallendar (PTHV) bei Koblenz. Seit der Gründung im Jahr 2000 hat das Institut mehr als einhundertdreißig innovative Projekte im Bereich der Pflege-, Pflegebildungs- und Versorgungsforschung durchgeführt und zahlreiche Studien zur Situation und Entwicklung der Pflege in Deutschland veröffentlicht. Es finanziert sich nahezu ausschließlich durch eingeworbene Forschungsgelder.

Kontakt: Elke Grabenhorst, Tel: 0221/ 4 68 61 – 30, E-Mail: dip(at)dip.de